„Hilfe, meine Katze zieht aus“ ist ein sehr häufiger Hilferuf in meiner Praxis.
Es ist ein Problem, dass hauptsächlich bei Katern (seltener bei Kätzinnen) mit Freigang vorkommt, dass sie sich eigenmächtig einfach ein neues Zuhause suchen. Die Menschen, die sich an mich wenden, sind dann immer ganz traurig und denken, es läge an Ihnen, obwohl sie doch alles für ihre Katze tun.
Mal abgesehen von den wenigen Ausnahmen, wo es den Katzen tatsächlich in einem neuen Zuhause besser geht, hat das häufig nichts damit zu tun, dass ihre Menschen nicht gut zu ihnen sind. Katzen haben ihren ganz eigenen Kopf und ihre eigene Vorstellung vom besten Zuhause.
Sie suchen sich genau den Platz, der am optimalsten zu ihnen paßt, denn gerade Kater sind Opportunisten.
In vielen Fällen kann man einen Auszug verhindern, indem man einfach die Umstände optimiert, die zu der Abwanderung geführt haben. Manchmal sind es wirklich nur kleine Veränderungen, die man vornehmen muss und schon ist das eigene Zuhause wieder das optimalste für die Fellnase.
Manchmal sind es aber auch Unstimmigkeiten zwischen den häuslichen Katzen, die es zu beheben gilt. Das ist nicht immer ganz einfach, in den seltensten Fällen jedoch aussichtslos. Mit einer Bachblütentherapie für mehr Toleranz oder gegen Angst oder Dominanz und natürlich darauf abgestimmte Verhaltensmassnahmen findet man häufig eine neue Basis, auf der man wieder aufbauen kann.
Auch ein häufig genannter Grund für den Auszug von Katzen sind z.B. kleine Kinder, die der Katze zu laut sind. Natürlich kann man nicht einfach die Kinder abschaffen, aber man kann der Katze ein schönes ruhiges Plätzchen einrichten, wo keine Kinder hinkommen und sie absolute Ruhe hat. Ebenso sollten Fressplatz und Katzenklo absolut „kinderfrei“ sein, so dass die Grundbedürfnisse ungestört ausgeführt werden können.
Schwieriger wird es, wenn man voll berufstätig ist, aber die Katze unter allen Umständen auch zu diesen Zeiten Ansprache haben möchte. Wenn dann noch die nette Nachbarin von gegenüber Rentnerin oder Hausfrau ist und sich jeden Tag auf Ihre Katze freut, gibt es nur drei Möglichkeiten:
Beruf aufgeben und zuhause bleiben. Da dieses in 99,9% aller Fälle nicht möglich ist, bleiben nur die beiden weiteren Optionen
In der Zeit, wo man zuhause ist, sehr viel Zeit mit der Katze verbringen, Rituale einführen, viel spielen und kuscheln
Cat-Sharing: Am Tag darf die Katze/Kater bei der Nachbarin bleiben und die Zeit, die einem zur Verfügung steht, nutzt man so intensiv wie möglich
Ein großes Problem ist, dass die Katzen sehr häufig von den „auserwählten“ Nachbarn gefüttert werden. Gerade Kater können beim Werben um ein neues Zuhause sehr charmant sein. Zuerst sitzt er nur vor der Tür, dann holt er sich ein paar Schmusis, dann gibt es schon mal ein oder zwei Leckerchen, später dann ein Schälchen mit Futter und dann kann sich der charmante Kater auch gleich die kalten Füße auf der Couch wärmen und schon hat er ein neues Zuhause (aus seiner Sicht).
Hier muss man wirklich ganz in Ruhe mit den Nachbarn reden und ihnen erklären, dass sie durch ihr Verhalten die Bindung zwischen Ihrer Katze und Ihnen stören und dass die Fütterung und das Reinlassen von Ihnen nicht gewollt ist (es sei denn, man einigt sich auf „Cat-Sharing“). Sollten die Nachbarn uneinsichtig sein, kann man gern auch auf rechtliche Konsequenzen hinweisen.
„Rein rechtlich gesehen, ist das Füttern fremder Katzen grundsätzlich nicht strafbar, da weder das Strafgesetzbuch (StGB) noch das Tierschutzgesetz (TSchG) einen entsprechenden Tatbestand kennen. Solange Nachbarskatzen nur gelegentlich und selbstverständlich nur mit unschädlichem Futter verwöhnt werden, gibt es keine gesetzlichen Konsequenzen zu befürchten. Füttert man fremde Heimtiere aber regelmässig oder gar systematisch, kann dies sogar gerichtlich verboten werden, wenn es gegen die Eigentums- und Besitzrechte des Tierhalters verstößt. Lockt man eine Katze so an, dass sie kaum noch nach Hause kehrt, greift man wesentlich in die Privatsphäre des Eigentümers ein, zu der der Anspruch auf Fütterung, Pflege, Erziehung und Freizeit gehört. Mit der Fütterung und der Gewährung auf Unterkunft übernimmt man die Rechte des Tierhalters und schädigt ihn.
Fruchtet also ein klärendes und höfliches Gespräch nicht, kann man letztendlich sogar mit Zivilklage drohen und die Fremdfütterung gerichtlich verbieten lassen. Soweit sollte es aber zum Wohle aller nicht kommen. Und bitte denken Sie auch daran, dass diese Nachbarn das in der Regel nicht machen, um Sie zu ärgern, sondern weil auch sie die Fellnase sehr lieb gewonnen haben. Manchmal können die Nachbarn auch gar nichts dafür. Gerade Kater suchen sich gern ihr Zuhause selber aus und schlüpfen dann einfach durch die Terrassentür ins neu ausgesuchte Zuhause. Das können Sie nicht verbieten – weder dem Kater noch den Nachbarn.
Ich hatte einmal einen „Fall“ – Kater Hannes – der nach einem Umzug immer wieder zurück in die alte Gegend gelaufen ist. Er mußte dabei eine stark befahrene Bundesstraße überqueren und es war ein recht weiter Weg. Dort angekommen nistete er sich dann bei der ehemaligen „Nachbarsfamilie“ ein. Seine Halterin fuhr jeden Abend dorthin und holte ihn ab. Sie tat alles, um Hannes dazu zu überreden, dass er im „alten“ Zuhause bleibt. Aber es gab auch noch Kater Fritzi und Hannes und Fritzi waren nicht gerade die besten Freunde. Es kam zu Stress – und zwar für alle. Die einzige Lösung bestand darin, Hannes bei der neuen Familie zu belassen. Er fühlte sich dort einfach wohl, denn dort war er „Alleinkater“ und das war das, was er wollte. Heute ist es so, dass Hannes bei der „neuen“ Familie wohnt, seine „alte“ Familie ihn aber in der Urlaubszeit im neuen Zuhause betreut. Kater Fritzi konnte nach dem Auszug von Hannes auch aufatmen. Es war ein langer tränenreicher Weg bis dahin, denn wer gibt schon gern seinen Kater an andere Menschen ab. Aber es war am Ende die beste und einzige Lösung für alle. Und es geschah aus Liebe zu Hannes, denn will eine Katze partout nicht bei einem bleiben, kann man sie nicht dazu zwingen.
Es gibt kein Pauschalrezept und keine Pauschallösung. Jede Katze ist ein Individuum – gerade dafür lieben wir sie ja so sehr. Jeder Katzen-Auszug muss somit individuell betrachtet und eine individuelle Lösung gefunden werden. Am Ende muss man aber immer zum Wohle des Tieres handeln und zur Not Kompromisse eingehen, denn eine unglückliche Katze macht einen auch nicht glücklich.
Gibt es scheinbar keine Lösung, können wir gemeinsam versuchen, eine zu finden: Individuelle Katzenverhaltensberatung