Eine Katze frisst Vögel und Insekten und natürlich auch Mäuse und Kleintiere. Ist sie deswegen eine Bedrohung für die Artenvielfalt und für das Vogel- und Insektensterben in Deutschland verantwortlich!?!

Katze frisst Vögel und Insekten

Zu meinem letzten Blogbeitrag “Freigang oder Wohnungshaltung für Katzen” habe ich einige Kommentare und persönliche Nachrichten erhalten, dass die Freigänger unter den Katzen für das Vogel- und Insektensterben in Deutschland verantwortlich sind. Viele Katzenhalter geben ihren Fellnasen aus diesem Grund keinen Freigang mehr.

Ich bin dem Ganzen einmal nachgegangen. Sind meine Kater wirklich Vogelkiller und rotten mit ihren aktuell etwa 15 Millionen in Haushalten und etwa 2-3 Millionen wild lebenden Artgenossen in Deutschland Vogel- und Insektenarten aus?

Katze frisst Vögel und Insekten – Bedrohung für die Artenvielfalt?

Vogelliebhaber “verteufeln” Katzen dafür, wenn sie die flügge gewordenen Jungvögel fangen und verspeisen. Vogelkiller ist hierbei noch das harmloseste Wort, das ich bisher für eine Katze auf Beutefang (oder für mich als Katzenhalter) gehört habe. Katzen können gar nichts dafür.  Sie sind Raubtiere und haben einen instinktiven und natürlichen Jagdtrieb, den man ihnen auch nicht abtrainieren kann. Nicht jede Jagd dient nur dem Nahrungserwerb, aber es ist nachgewiesen, dass die in der Stadt lebenden Hauskatzen, die gut versorgt werden, viel träger bei der Vogeljagd sind.

Räubern Katzen Nester aus?

Katzen wird leider häufig auch die Zerstörung von Singvogelgelegen angelastet. Katzen fressen Vögel und Insekten, aber Katzen räubern keine Nester aus und schlagen auch keine Singvogeleier auf, um sie dann auszuschlürfen (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Das geht eher auf das Konto von Eichhörnchen, Mardern oder auch Elstern. Katzen holen sich eher die selten bestandsgefährdeten Beutetiere wie Mäuse, Amseln, Meisen und Spatzen. Auch kann da hin und wieder mal ein Frosch, eine Blindschleiche oder ein Kaninchen dabei sein, aber das sind eher die Ausnahmen und das stellt keine Gefahr für den Bestand aller Arten dar.

Population von Katzen in Städten

Immer wieder ein Thema ist auch die Überpopulation von Katzen in Städten. In einer gesunden Katzenpopulation gibt es in der Regel auch eine gesunde Vogel und Mäusepopulation. Ist die Katzenpopulation allerdings zu hoch in einem Gebiet, leben weder die Katzen gesund (Stress, geschwächte Immunabwehr, Parasitenbefall, Revierkämpfe) noch kann man von einer artenreichen Vogelpopulation sprechen. Wir Menschen sind dafür verantwortlich, ob ein gesundes Gleichgewicht in unserer Umgebung mit der Art unserer Katzenhaltung besteht.

Kastration von Hauskatzen

Damit ein ökologisches Gleichgewicht bestehen kann, ist die Kastration von Freigängerkatzen zum Wohle aller ein MUSS, denn Katzen können schnell und viel Nachwuchs bekommen. Das größte Problem für die Vogelwelt sind nämlich nicht die Haus- oder Wildkatzen, sondern die verwilderten Hauskatzen, die ihren gesamten Nahrungsbedarf aus der Natur greifen müssen, weil der Mensch sie irgendwann einfach ausgesetzt und sich selbst überlassen hat. Noch immer paaren sich auch unkastrierte Hauskatzen mit verwilderten Hauskatzen und das führt zu einem großen Elend. => Kastration kann Leben retten! 

Halsbänder und Glöckchen für Katzen

Viele Katzenhalter sind wegen der Anfeindungen durch Vogelliebhaber eingeschüchtert und verpassen ihrer Katze ein Halsband mit einem Glöckchen dran, damit die Beutetiere vorher gewarnt sind. Halsbänder aber bergen große Gefahren und man sollte Katzen niemals ein Halsband (auch kein Flohhalsband) umlegen. Katzen springen, rennen, fallen auch einmal vom Baum, streifen durchs Gestrüpp und können mit diesen Halsbändern an Ästen und Sträuchern hängenbleiben, sich nicht mehr befreien und verhungern, wenn sie nicht gefunden werden. Oder aber die Halsbänder verheddern sich um ihre Schulter oder den Kopf, was zu schweren schmerzhaften Verletzungen führt – bis hin zum Tod durch Strangulieren. Oft höre ich von Klienten, dass sie denken, dass Klickhalsbänder oder elastische Halsbänder ungefährlich sind und Katzen gerade im Frühjahr ein Halsband mit Glöckchen tragen müssen, aber das ist ein Irrtum.

Weder sind diese Art von Halsbändern ungefährlicher noch sollte man der Katze ein Glöckchen umbinden. Die Katze hat damit ein permanentes Klingeln im Ohr. Dieses kommt einem Tinnitus gleich, mit dem wir Menschen genervt zum Arzt gehen würden. Den Vögeln bringt es auch nichts, denn nur die Altvögel werden dadurch gewarnt. Die Jungvögel werden dadurch eher aus ihren Verstecken gescheucht, was sie dann viel schneller zur Beute der Katze werden lässt. => Halsbänder für Katzen

Brutzeit im Katzenterritorium

In der Brutzeit holen sich Katzen gern die Jungtiere, da sie leicht zu erbeuten sind. Und da kommt der Mensch ins Spiel und sollte vorbeugen. Da der Jagdtrieb der Katzen nun einmal angeboren ist, sollte man den Vögeln im eigenen Garten gesicherte Nistplätze und Versteckmöglichkeiten schaffen, an die so schnell keine Katze herankommen kann. Geeignet hierfür sind besonders heimische dichte Gehölze und Hecken. Wir können die Nistkästen katzensicher aufhängen und Vogelhäuschen und Tränken an katzensicheren und übersichtlichen Stellen platzieren. Ich habe unser Vogelhäuschen gesichert und für die Igel für den Winter katzensichere Unterschlüpfe gebaut.

Freigänger kann man nicht einsperren über einige Wochen. Aber natürlich können wir Kompromisse machen. Lassen Sie Ihre Katze nicht gerade in den frühen Morgenstunden oder in der Abenddämmerung (unbeaufsichtigt) raus. In der Dämmerung werden die kleinen “Flugkünstler” von ihren Eltern trainiert und lernen Würmer und Insekten fangen und haben Flugtraining. In dieser Zeit sollte die Tür oder die Katzenklappe einfach einmal geschlossen bleiben. Ab und zu mal “nur” aus dem Fenster zu schauen, schadet keiner Katze.

Garten und Katzenterritorium vogelsicher gestalten

Wir erhalten und fördern die Artenvielfalt mit einheimischen Gehölzen und einer Hecke als Vogelbrutplatz und Vogelschutz. Zweimal im Jahr brüten hier die Meisen und Amseln und wir passen sehr gut auf, dass unsere Kater sich keines von den Jungvögeln holen, was uns bisher auch wirklich gut gelungen ist. Die restliche Zeit kann man dann im eigenen Garten ein Auge auf das Katzen-Raubtier haben und die Nachbarn sensibilisieren, damit sie immer mal mit auf die Katzen und Vögel schauen. Wenn man die Katze vor dem Freigang füttert, ist zumindest die Motivation zur Jagd durch Hunger gemindert. Mit vollem Bauch ist eine Katze eher träge und der Jagdtrieb nicht so hoch. Sobald man Vogelnester im Territorium der Katze entdeckt, kann man die Bäume und Hecken so schützen, dass die Katze dort nicht heran kann.

In unserem Garten leben Vögel und Katzen wunderbar miteinander, weil alle ihren Raum haben zum leben. Die Vögel werden von uns über den Winter und in der Brutzeit mit Futter in einem gut platzierten Vogelhäuschen unterstützt, haben ihre Nester in unseren heimischen Hecken und unsere Katzen haben Freigang (in der Brutzeit dosiert).

Und wenn trotzdem mal ein Mäuschen oder ein Vögelchen unseren Katzen zum Opfer fällt, dann ist das schlimm und mir zerbricht das auch das Herz. Aber es ist natürlich. Die Hühnchen aus den Katzenfutterdosen (Geflügel mit Soße) hatten sicherlich nicht so ein schönes freies Leben wie das Vögelchen in unserem Garten. Die Katze ist kein Vogelkiller, sondern wir Menschen haben es in der Hand wie gesund die Katzen- und Vogelpopulation in unserem Umfeld ist.

Vogelexperte Lars Lachmann vom Nabu zur Bedrohung der Artenvielfalt

Ich habe nun viele Berichte durchforstet und es kursieren Schätzungen, die für Deutschland von 200 Millionen von Katzen getöteten Vögeln jährlich ausgehen. Diese beruhen auf amerikanischen Studien. Hierzu bin ich auf ein Interview mit dem Vogelexperten Lars Lachmann vom NABU (www.nabu.de) aufmerksam geworden. Der Vogelexperte hält diese Schätzungen für zu hoch, weil ausgehend von etwa 400 Millionen Vogelindividuen in Deutschland dann jeder zweite Vogel von Katzen getötet würde, in Siedlungsbereichen jeder Vogel. Nach Ansicht von Lars Lachmann “fehlt der Studie aus den USA ein Populationsmodell, welches Vogelbestandzahlen, Reproduktionsraten und andere Todesursachen mit einschließt.” Laut Nabu steigen in menschlichen Siedlungsbereichen die Vogelbestände sogar an, während sie vor allem in der Agrarlandschaft und auch im Wald eher abnehmen.

Die Frage, ob es keinen Handlungsbedarf gibt, verneint der Vogelexperte jedoch. Zunächst einmal muss man die etwa 15 Millionen Katzen aufteilen in die Wohnungskatzen, die für die Vogelwelt harmlos sind. Und in die Freigänger, die ein Zuhause haben. Hinzu kommen die verwilderten Hauskatzen, die ihren Nahrungsbedarf komplett durch die Jagd decken müssen und die das größte Problem darstellen. Hier ist wieder der Mensch Schuld an der ganzen Misere denn die verwilderten Hauskatzen wurden in der Regel von Menschen ausgesetzt und einfach sich selbst überlassen. Unkastriert vermehren sie sich dann unkontrolliert. Quelle: NABU (Naturschutzbund – nabu.de)

Die vollständigen Beiträge vom NABU / Vogelexperten Lars Lachmann gibt es hier =>

Sind Freigänger für die Bedrohung der Artenvielfalt (mit-)verantwortlich?

Ähnlich wie mit den Vögeln verhält es sich auch mit den Insekten. In unserem Garten leben sehr viele Insekten, weil ich viele insektenfreundliche Pflanzen gesetzt habe. Die Bienen, Hummeln und Schmetterlinge lieben z.B. die Katzenminze, genauso wie meine Kater auch. So viele Insekten, wie ein Mensch mit seinem Auto an Insekten tötet (auf 100 km etwa 3000 Insekten – lt. einer Studie von Insect-Respect-Org) vertilgt keine artgerecht gefütterte Freigänger-Hauskatze in ihrem Leben. 

FAZIT: Ist es nicht vermessen zu behaupten, dass Hauskatzen eine Bedrohung für die Artenvielfalt sind? Sind es nicht eher wir Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass ein ausgewogenes Gleichgewicht besteht zwischen Beute und Jägern, zwischen versiegeltem Boden und tierfreundlichem Garten mit einheimischen Pflanzen für die Insekten, Vögel und Kleintiere.

Ist es nicht in die eigene Tasche lügen, wenn ich meine Katzen nicht raus lasse (obwohl sie es so gern möchten), weil sie Insekten oder Vögel fangen KÖNNTEN, gehe dann aber in den Futtermarkt und kaufe Katzenfutter “Geflügel in Gelee”, “Kaninchen Paté” oder den neuesten Trend “Katzenfutter mit Insektenprotein”.

Respekt und Toleranz

Ich finde, man muss genau so handeln, wie man es verantworten kann. Unsere Kater kann ich nicht im Haus halten, denn Rocky hat einen ganz enormen Freiheitsdrang (sie stammen von einem Archehof). Dafür ist unser Garten so gestaltet, dass viele Insekten, Vögel und Kleintiere ihren Platz haben und sich ernähren können. Und im Herbst und Winter werden sie zugefüttert und finden einen Winterunterschlupf. Leben und leben lassen und Respekt vor dem Leben haben.

Die Auflösung, warum unsere Katzen uns tote Beute mit nach Hause bringen und vor die Tür legen, gibt es dann im nächsten Beitrag. Also am besten gleich die Mail eintragen und alle neuen Beiträge kostenfrei und automatisch erhalten.

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